Wiederaufbau Atitlan

Am 5. Oktober 2005 verwüstete Hurrikan Stan ganze Landstriche in Guatemala. Am See Atitlan wurden verheerende Schlammlawinen an den Hängen der Vulkane ausgelöst. In Tzanchaj, einem Stadtteil der Gemeinde Santiago Atitlan, verloren ungefähr sechzig Familien ihre Häuser. Nachdem ich zuvor als Sprachlehrerin in der Gemeinde gearbeitet hatte, möchte ich nun versuchen, Hilfe und Wiederaufbau mitzuorganisieren. Dies stelle ich in diesem Tagebuch dar.

2.12.05

Bestandsaufnahme und erste Schritte

Von der Schlammlawine vom 5. Oktober ist vor allem der Ortsteil Panabaj der Gemeinde Santiago Atitlan betroffen, doch auch in Tzanchaj, dem Nachbarstadtteil oder Dorf haben über fünfzig Familien ihre Häuser verloren. In Panabaj hat sich mittlerweile eine rechtlich anerkannte "Associacion" gebildet, wohingegen die betroffenen Familien in Tzanchaj immer noch abwartend auf Hilfe warten.


Nach der Katastrophe fanden sich in Santiago Atitlan zahlreiche nationale und internationale Hilfsorganisationen ein. So wurde die Versorgung mit Wasser, Lebensmitteln und Medikamenten in den allerersten Wochen stabilisiert. Allerdings war es sehr schwierig, etwas über die Aktivitäten der einzelnen Organisationen herauszufinden, da es keine zentrale Koordination gab. Selbst meine Nachfrage beim Bürgermeister förderte nichts über eine mittel- und längerfristige Planung zu Tage. Mir fiel auf, dass die Motivation und Eigeninitiative mit der Deckung der akuten Not deutlich nachließ. Es machte sich eine abwartende zähe Passivität breit. Die kreisenden Hubschrauber mobilisierten viele Menschen zu Wettläufen um Lebensmittel und andere Geschenke. Andere erlitten in derselben Situation grosse Ängste aufgrund der traumatisierenden Erfahrungen während des Bürgerkrieges.


Nach vielen Gesprächen mit einzelnen Familien riefen wir am 5. November eine Versammlung der betroffenen Familien zusammen. Dort haben sich als Ziele herauskristallisiert, den Familien zu helfen, sich zu organisieren und einen legalen Status zu erhalten, ihnen Werkzeuge bzw. Materialien zu geben,damit sie durch Arbeit zunächst an den Alltag vor der Katastrophe anknüpfen können. Dann besteht ein Bedarf an Informationsvermittlung, denn viele Informationen über andere Hilfsprogramme gelangen gar nicht zu den Familien an, für die sie eingerichtet sind.