Wiederaufbau Atitlan

Am 5. Oktober 2005 verwüstete Hurrikan Stan ganze Landstriche in Guatemala. Am See Atitlan wurden verheerende Schlammlawinen an den Hängen der Vulkane ausgelöst. In Tzanchaj, einem Stadtteil der Gemeinde Santiago Atitlan, verloren ungefähr sechzig Familien ihre Häuser. Nachdem ich zuvor als Sprachlehrerin in der Gemeinde gearbeitet hatte, möchte ich nun versuchen, Hilfe und Wiederaufbau mitzuorganisieren. Dies stelle ich in diesem Tagebuch dar.

28.2.09

Grüße aus Guatemala

Hallo, Ihr Lieben,

seit Samstag bin ich in Guatemala und es ist schon so viel passiert,
dass ich gar nicht weiss, wo ich anfangen soll zu schreiben. Ich wusste
wirklich nicht, was mich erwarten wuerde, wenn ich nach ueber drei
Jahren wieder hierher zurueckkehren wuerde, doch ich habe nicht
erwartet, dass ich mich so schnell wieder so wohl fuehlen wuerde. Es
kommt mir so vor, als sei ich schon seit Monaten oder zumindestens
Wochen wieder hier.

Ich wusste, dass die Gegend hier um den Atitlán-See ganz besonders
schoen ist und trotzdem war ich wieder ueberrascht und fasziniert von
dieser schoenen Umgebung und den wunderbaren Menschen hier. Der See
liegt auf ungefaehr 1500 Metern und ist umgeben von Vulkanen, die
wirklich so kegelförmig aussehen, wie man sie sich vorstellt.

Ich wohne im Moment bei einer Familie im Zentrum von Santiago, einer
kleinen Stadt mit überwiegend indigener Maya-Bevölkerung. Nach meiner
Ankunft machte ich einen Spaziergang zu den etwas entlegeneren
Ortsteilen Panabaj und Tzanchaj. Diese Gegend ist sehr arm und wurde
2005 besonders stark von den Folgen des Hurrikans Stans und einer
Schlammlawine, die von den Hängen des Vulkans runtergekommen ist,
betroffen. Während dieser Katastrophe war ich nicht da, aber davor
wohnte ich bei einer Familie in Tzanchaj. Ich schaute bei dem Hotel
vorbei, in dem der Vater dieser Familie arbeitet und traf ihn dort dann
auch direkt. Es war wirklich schoen, ihn wieder zu sehen und er lud mich
direkt ein, am Dinstag mit seiner Familie und ein paar anderen Leuten an
die Pazifikkueste zu fahren. Als ich damals bei ihnen gewohnt hatten,
hatten wir schon einmal einen aehnlichen Ausflug gemacht. Damals sind
wir mit einem Pickup gefahren und es war das erste Mal gewesen, dass die
Kinder das Meer gesehen haben. Diesmal fuhren wir mit einem Minibus mit
neun Plätzen und waren 13 Erwachsene und 5 Kinder. Wir hatten sehr viel
Spass, sowohl eingeklemmt in dem Bus mit Hitze und schlechten Str.assen,
als auch am Wasser mit hohen starken Wellen. Antoine und Sara aus
Berlin, die im Moment auch hier sind. waren auch dabei.

Es ist so schoen, an die alten Kontakte anzuknuepfen, auch wenn es
meistens ein bisschen dauert, bis ich erkannt werde. Als ich durch
Tzanchaj spazierte sprach ich mit ein paar Leuten an der Strasse, die
sich noch daran erinnerten, dass ich dort gewohnt hatte und in der
Schule unterrichtet habe.
Zu den alten Kontakten sind neue hinzugekommen, die in den letzten
Jahren von Freunden geknüpft wurden.

Vor zwei Tagen haben wir Salvador getroffen, der mir damals sehr
geholfen hatte, nach dem Hurrikan mit ein paar Familien in Tzanchaj zu
arbeiten. Er lebt nun in einem ganz neu gebauten Ortsteil auf der
anderen Seite des Dorfes. Nach sehr langer Zeit in Notunterkuenften sind
dort nun einige Familien umgesiedelt worden und es wird weiter viel
gebaut. Dort entstehen nun die Doerfer Chukmuk eins bis Chukmuk vier.
Mal sehen, ob es irgendwann noch mehr werden. Salvadors Familie lebt von
Webarbeiten und im Moment ist die Auftragslage sehr schlecht, so dass
die Webstuehle unbenutzt sind und Salvador als Tageloehner auf den
Plantagen arbeiten geht.

Heute sind Antoine und ich zu der Kaffeekooperative gegangen, mit denen
wir zusammenarbeiten und von denen wir im letzten Jahr eine halbe Tonne
Kaffee importiert haben. Die Ernte neigt sich nun langsam dem Ende zu.
Dieses Jahr möchten wir mehr Kaffee abnehmen. Wir unterhielten uns mit
dem Vorstand der Kooperative und tauschten uns ueber unsere Aktivitaeten
aus. Dabei stellten wir fest, dass wir in vielen Hinsichten ganz
aehnliche Probleme haben, auch wenn der Kaffeepreis, den wir in
Deutschland fuer diesen Kaffee nehmen natuerlich erst einmal eine
ziemliche Kluft schafft. Wir haben versucht zu erklären, woher dieser
große Preisunterschied kommt, so dass der Kaffee zu diesem Preis kommt,
ohne dass sich jemand daran bereichert. Wir haben eine Tuete mit Kaffee
mitgebracht, wie wir ihn in Deutschland verkaufen. Sie reichten ihn
weiter und rochen alle daran und waren fasziniert davon. Mindestens
genauso fasziniert waren wir von dem Berg von Säcken mit Kaffee, die sie
schon fuer uns eingekauft haben. Es war ein sehr motivierendes Treffen.
Ich denke, dass wir sehr gute Partner hier in Guatemala haben und hoffe,
dass wir lange mit ihnen zusammenarbeiten können.

Es gibt noch viel mehr zu erzählen, doch ich bin im Moment immer nur
sehr kurz zwischendurch zu Hause und wenn ich dann nach Hause komme
ziemlich muede.

Ich schicke Euch ganz liebe Gruesse und ein bisschen Waerme und Sonne.

Liebe Gruesse,
Eure Annkathrin